Probleme mit Wildschweinen: Alarmismus fehl am Platz

Michael Efler
TierschutzUmweltschutzMichael Efler

24. Sitzung, 22. März 2018

Dr. Michael Efler (LINKE):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich bin erst einmal ganz beeindruckt vom Engagement von CDU und FDP, jeweils mit eigenen Anträgen zum Thema Wildschwein ins Rennen zu gehen. Ich muss aber sagen, Herr Schmidt, ich hätte mir Ihr Engagement auch ein bisschen mehr im Ausschuss gewünscht. Sie haben selber vorhin die kurze Ausschussbehandlung gerügt, aber Sie haben dort selbst gar nicht das Wort ergriffen. Das ist ein ziemliches Eigentor. Warum haben Sie denn im Ausschuss nichts gesagt? – Das finde ich etwas merkwürdig.

Was wir gemacht haben, wir haben die Anträge von Ihnen, sowohl von CDU als auch FDP zum Anlass genommen, mit Fachleuten außerhalb der staatlichen Strukturen und auch innerhalb dieser zu sprechen, also zum Beispiel mit dem Wildtierexperten des Landes Berlin, den Bundesverdienstkreuzträger Derk Ehlert. Ich will dazu zunächst einmal ganz generell sagen: Es gibt Probleme mit Wildschweinen in Berlin. Es gibt Schäden. Das dürfen wir nicht kleinreden. Die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger sind ernst zu nehmen. Mein Wahlkreis zum Beispiel ist im Grunewald, deshalb weiß ich sehr wohl, was Wildschweine sind und welche Probleme damit verbunden ist – gar keine Frage. Aber Alarmismus ist vollkommen fehl am Platze. Wir haben keinerlei verlässliche Zahlen.

Und was Sie vorhin gesagt haben, mit der Jagdstrecke, war schon wieder ein Eigentor. Ich habe vorhin mal nachgesehen, im Jahr 2008 hatten wir eine Jagdstrecke von 3 500 erlegten Wildschweinen, im Jahr 2017  1 800. Das würde bedeuten, die Zahl der Wildschweine hätte sich in zehn Jahren halbiert. Das halte ich nun auch für Quatsch. Die Jagdstrecke schwankt sehr stark hin und her. Wirklich zu sagen, wir haben hier einen dramatischen Anstieg, kann man einfach nicht wirklich bestätigen. Da finden Sie keinerlei wissenschaftliche Evidenz noch keinen Experten, der das so klar bestätigen würde.

Nach meiner Wahrnehmung haben sich erhebliche Teile der Bevölkerung mittlerweile sehr gut im Umgang mit Wildschweinen arrangiert, Schutzmaßnahmen getroffen und sind sehr viel besser informiert als noch vor, sagen wir mal, fünf oder zehn Jahren.

Der Senat tut auch einiges dafür. Wir haben z. B. im Haushalt die Finanzierung des Wildtiertelefons abgesichert. Wir haben Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Wir haben Broschüren herausgegeben. Ich habe schon auf Herrn Ehlert verwiesen. Ich habe auf das gesetzliche Fütterungsverbot noch nicht verwiesen, aber das haben schon meine Kollegen gemacht. Das haben Sie ja auch übersehen. Es ist da schon einiges am Laufen.

Die anderen Maßnahmen, die die CDU, aber auch die FDP fordert, sind nutzlos bzw. kontraproduktiv. Die Beschäftigung von mehr Stadtjägern wird eher zu einer Verdrängung von Wildschweinen führen, vielleicht sogar zu einer Vermehrung, aber nicht zu einer Populationskontrolle. Richtig problematisch – das muss ich wirklich noch mal sagen – ist das, was die FDP in dem Antrag in der Begründung fordert, nämlich die Jagd in befriedeten Gebieten zu erlauben. Das bedeutet nichts anderes, als dass in einer wachsenden Stadt die Jagd in Wohnsiedlungen, Grünanlagen und auf Friedhöfen erlaubt bzw. erleichtert werden soll. Das ist das Spiel mit dem Feuer, das wir auf gar keinen Fall mitmachen.

Auch zur Antibabypille ist schon viel gesagt worden. Ich lasse das einfach mal weg.

Deswegen zusammengefasst: Beide Anträge sind leider kontraproduktiv, nutzlos, bzw. wir machen schon die Dinge, um die Wildschweinpopulation zu begrenzen. Ich kann mir aber vorstellen und würde das auch in diesem Haus zur Diskussion stellen, uns im Lauf dieser Wahlperiode die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Jagd generell mal anzusehen, denn aus meiner Sicht sind die nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Ich will nur einen Punkt nennen. Es wird auf Berliner Jagdflächen teilweise immer noch mit Blei geschossen. Das haben viele Bundesländer abgeschafft. Ich halte das für fragwürdig und schwierig. Ich finde, darüber sollten wir reden, aber nicht über solche scheinbaren Probleme mit den Wildschweinen. – Vielen Dank!

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